Sachstand zum Ratsbeschluss “Abschaffung der Elternbeiträge”
(psw/ma) Der Rat der Stadt Würselen hat am 06.10.2020 beschlossen, dass die Elternbeiträge für Angebote der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege und der Offenen Ganztagsschule zum 01.01.2021 abgeschafft werden.
Die Finanzierung erfolgt laut Beschluss vom 06.10.2020 vorbehaltlich anderer Beschlüsse im Rahmen der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung 2021 durch die prophylaktische Anhebung der Grundsteuer B auf 705 Punkte.
Die Verwaltung sieht die Intention der Politik sehr positiv, gleichwohl gibt es aktuell haushaltsrechtliche Hürden, die die Umsetzung des Beschlusses zum 01.01.2021 behindern:
- Die Stadt Würselen befindet sich in der vorläufigen Haushaltsführung. D.h. es gibt aktuell seit dem 01.01.2020 keinen genehmigten Haushalt.
- Die Stadt Würselen befindet sich im Jahr 2021 noch immer im Stärkungspakt Stadtfinanzen und unterliegt damit den Vorgaben des Haushaltssanierungsplans und gesonderter aufsichtsbehördlicher Kontrolle.
- Der Haushalt 2021, in dem die Abschaffung der Elternbeiträge planerisch mit den finanziellen Auswirkungen aufgenommen werden muss, also die Sicherstellung der Finanzierung gewährleistet sein muss, wird frühestens am 01.07.2021 genehmigungsfähig sein.
- Die Erhebung von Beiträgen geht der Erhebung von Steuern vor.
- Es handelt sich um eine freiwillige Leistung.
Somit können die geänderten Satzungen nicht zum 01.01.2021 in Kraft treten und die Elternbeiträge für Angebote der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege und der Offenen Ganztagsschule sind damit zum 01.01.2021 nicht abgeschafft. Das war auch allen Parteien bei der Beschlussfassung bewusst.
Der Rat der Stadt Würselen muss zuerst einen Haushalt 2021 so beschließen, so dass der Beschluss vom 06.10.2020 sich unter den Prämissen der haushaltsrechtlichen Vorgaben (Haushaltsausgleich) wiederfindet. Des Weiteren ist dafür die Genehmigung der Aufsichtsbehörde für den Haushalt 2021 erforderlich. Erst dann kann die Maßnahme – auch rückwirkend – umgesetzt werden.
Stadtkämmerer Alexander Kaiser dazu: „Es handelt sich dabei nicht nur um eine planerische Erhöhung der Grundsteuer B, sondern vielmehr muss gerade in der jetzigen gesamtwirtschaftlichen Situation, u.a. wegbrechende Steuereinnahmen bei Gewerbesteuer und Anteil Einkommensteuer und steigende Aufwendungen im Rahmen der Corona-Pandemie, definitiv der Hebesatz der Grundsteuer B angepasst – also demzufolge erhöht – werden. Bereits in der Ratssitzung im Oktober habe ich darauf hingewiesen, dass eine Bekanntmachung der Satzung frühestens mit der Haushaltsgenehmigung 2021 und damit voraussichtlich Mitte 2021 erfolgen kann.“
Die Kämmerei befindet sich gerade in der endgültigen Zusammenstellung der Zahlen für den Entwurf des Haushalts 2021.
Kaiser führt dazu weiter aus: „Nach der Sitzung vom 06.10.2020 habe ich dem Bürgermeister empfohlen, den Beschluss wie in der Sitzung bereits mitgeteilt zunächst nicht auszuführen, sondern auf die finanzwirtschaftlichen Zahlen für 2021 zu warten. Diese liegen nun vor, so dass der Beschluss des Rates vom 06.10.2020 definitiv ohne eine Grundsteuererhöhung nicht umgesetzt werden kann. Der Rat hat am 06.10.2020 keine formale Hebesatzsatzung für das Jahr 2021 beschlossen, sondern eine Gegenfinanzierung, so dass eine Grundsteuererhöhung zum 01.01.2021 nun nicht in Kraft tritt.“
Die Kämmerei plant das weitere Vorgehen so, dass der Rat Anfang 2021 den vom Stadtkämmerer aufgestellten und vom Bürgermeister bestätigten Entwurf des Haushalts zur Kenntnis nehmen wird und dann im Rahmen der Haushaltsberatungen der Beschluss vom 06.10.2020 seitens des Rates aufgenommen werden kann.
Kaiser abschließend: „Der Rat hat somit alle Gestaltungs- und Entscheidungsmöglichkeiten, den Beschluss des Rates vom 06.10.2020 im veränderten Finanzrahmen zu würdigen. Als Stadtkämmerer habe ich die Pflicht – gerade in der Corona-Pandemie durch die extrem veränderten Finanzdaten – die Finanzen der Stadt Würselen weiterhin nachhaltig im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zu sichern. Mir fiel der bereits in der Sitzung angekündigte „Stopp“ im Sinne alle Steuerzahler*innen in Würselen und gegen die Eltern der Kinder in Würselen nach dem Beschluss des Rates vom 06.10.2020 sehr schwer.“
„Derzeit prüft die Bezirksregierung Köln noch, ob der Ratsbeschluss formaljuristisch vor dem geschilderten Sachverhalt beanstandet werden muss. Allen Beteiligten war bereits bei der Beschlussfassung klar, dass über das Thema „Abschaffung der Elternbeiträge“ abschließend erst im Rahmen der Haushaltsberatungen 2021 befunden und entschieden werden kann. Insofern hilft der Aufruf der SPD-Fraktion an die Kommunalaufsicht in der Sache nicht weiter“, so Bürgermeister Nießen.