„Buntes Band“ startet mit der Anlage von Staudenbeeten
Nein – am Willy-Brandt-Ring, Ecke Friedrichstraße entstehen keine Parkplätze. Das Gegenteil ist der Fall: Auf der 550 m² großen Rasenfläche entsteht das vermutlich größte Staudenbeet im Nordkreis. Das Besondere ist das genutzte Substrat, welches optisch etwas an Straßenbau erinnert.
„Das spezielle Substrat verbessert langfristig die Bodendurchlüftung und ermöglicht eine bestmögliche Wasserspeicherung“, sagt Bettina Püll vom A61 Stadtentwicklung, Umwelt und Wohnen, die für das „Bunte Band Würselen“, einer React-EU-Fördermaßnahme zur „Grünen Infrastruktur“, fachlich verantwortlich ist. „Wer zukünftig hier entlang fährt, hat durch diese attraktive Fläche mit üppig blühenden Stauden gleich einen guten Eindruck von der Stadt“, freut sich Bürgermeister Roger Nießen gemeinsam mit dem Ersten und Technischen Beigeordneten Till von Hoegen, dass nun endlich erste Maßnahmen aus dem „Bunten Band“ auch für die Bürger:innen sichtbar werden. „Außerdem bieten wir hier zahlreichen Insekten Nahrung und sorgen damit für eine hohe Artenvielfalt,“ ergänzt von Hoegen.
Der Anspruch an die innerstädtischen Staudenbeete sind hoch: Sie müssen bereits ab der ersten Vegetationsperiode einen ansprechenden Blühaspekt bieten. Deshalb legt die Stadt die Bepflanzung ausgewählter Standorte in die erfahrenen Hände der niederländischen Firma „Flower Your Place“ (FYP). Seit vielen Jahren ist FYP international tätig und hat sich auf die Anlage und Pflege von Pflanzflächen und Pflanzteppichen auf innerstädtischen Grünflächen spezialisiert. Die Staudenpflanzen sind so gewählt, dass von April bis zum ersten Frost durchgängig unterschiedliche Blüten in verschiedenen Formen und Wuchshöhen zu sehen sind. Aufgelockert wird das Ganze mit attraktiven Gräsern, die dann während der blütefreien Zeit die ‚Eyecatcher‘-Funktion übernehmen. „Durch den Blattschmuck der ausgewählten Stauden sehen die Flächen auch im Herbst und Winter sehr ansprechend aus. Das erhöht die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern und stellt langfristig auch die Zufriedenheit der Öffentlichkeit sicher“, sagt Stephan Dorsman, Geschäftsführer von FYP, dass die Beete über viele Jahre für Menschen und Insekten attraktiv bleiben. Mehr als 9.500 Stauden finden in zunächst 13 Beeten an fünf Standorten ihr neues zu Hause, darunter viele Geranium- und Salbei-Arten, aber auch Taglilien, Katzenminzen, roter und gelber Sonnenhut, Fetthenne, Ziest, und vieles mehr. Alle Stauden gelten als besonders insektenfreundlich.
Zusätzlich zu der größten Staudenfläche an der Friedrichstraße/Willy-Brandt-Ring wurde ein 3 m breites Staudenband in Bardenberg, vor der alten Schule (Am Mühlenhaus/Am Kaiser), angelegt, insgesamt 150 m² entstehen hinter der Bushaltestelle Bardenberger Straße/Morsbacher Straße und die sechs Fächer in dem Rondell „Am Förderturm“ wurden ebenfalls mit Stauden bepflanzt. Vom Markt kommend, Richtung Friedrichstraße befinden sich drei weitere Staudenbeete entlang des Bahntrassenradwegs.
Der Pflegeaspekt
Das Substrat, in das die Stauden eingesetzt werden, ist so beschaffen, dass es Feuchtigkeit lange im Boden bindet. Sensoren in den Beeten melden direkt an FYP, wenn es zu trocken ist für die Stauden. Dann wird der Baubetriebsho
f ausrücken und die Beete wässern. Im ersten Jahr sorgen monatliche Pflegegänge dafür, dass nicht allzu viele Wildkräuter den Stauden Konkurrenz machen. „Wildkräuter sind sehr wichtig für unsere heimische Tierwelt, aber im innerstädtischen Bereich sollen Staudenbeete nicht nur besonders attraktiv für Insekten sein, sondern sie müssen auch hohe Anforderungen an die Optik erfüllen“, erläutert Nina Schierp, Amtsleiterin der Stadtplanung den Anspruch, den die Stadt an die ausführende Firma hatte. „Nur dann ist gewährleistet, dass sie von der Öffentlichkeit akzeptiert und gewertschätzt werden“, ergänzt Schierp. Haben sich die sorgfältig geplanten und durchdachten Staudenbeete erst einmal entwickelt, wird der Pflegeaufwand immer geringer. Im Frühjahr werden die abgestorbenen Pflanzenteile des Vorjahres mit einem geeigneten Mäher gemulcht und die geschredderten Pflanzenreste bleiben als Dünger auf dem Beet.
„Wir möchten die Grünflächen langfristig nachhaltig entwickeln und mit personell und finanziell geringem Aufwand den besten Effekt erzielen“, ergänzt Heinz-Gerd Groten vom Baubetriebshof. „In Zukunft versuchen wir Flächen zu vermeiden, die wochenlang grün sind und nur kurzfristig einmal im Jahr blühen.“ Groten und die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Grünflächen, sammeln bereits seit einigen Jahren ihre Erfahrungen mit alternativen Beetbepflanzungen. Jüngst wurde ein Staudenbeet hinter dem Rathaus angelegt und mineralisch gemulcht – das ist nicht zu verwechseln mit der Anlage von Schotterflächen, denn die Stauden haben Erdanschluss und der Boden ist zu 100% wasserdurchlässig. Das mineralische Mulchmaterial, das für den Rückhalt von Feuchtigkeit zum einen und für die von Stauden geliebte Wärme andererseits sorgt, wird bereits nach kurzer Zeit von den Pflanzen überwuchert und ist dann optisch kaum noch zu erkennen. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, welche Beete den geringsten Aufwand in Bezug auf Unterhalt und Pflege haben. Das Ziel des Ersten und Technischen Beigeordneten Till von Hoegen ist: „ein flächendeckender, schöner Bewuchs, der verhindert, dass der Boden austrocknet, durch Wind abgetragen wird oder bei Regen ausschwemmt, und keinen Platz für unerwünschte Wildkräuter lässt.“ Und alle Verantwortlichen bei der Stadt hoffen, dass die Beete aufgrund der guten Optik und Wertigkeit von Hundekot und Müll verschont bleiben.
Im Herbst geht es weiter
Im Rahmen des Projekts werden fast 2.000 m² Einheitsrasen in Wildblumenflächen umgewandelt, zusätzlich werden 850 m² davon mit Blumenzwiebeln angereichert, so dass bereits im zeitigen Frühjahr blütenbestäubende Insekten ein reichhaltiges Nahrungsangebot vorfinden. Fast 1.200 m² reine Blumenzwiebelstreifen entlang von Rad-/Gehwegen sollen die Fahrt mit dem Rad oder den Fußweg entlang dieses „Bunten Bands“ zu einem Erlebnis machen und für den Vernetzungsaspekt zwischen den Trittsteinbiotopen Staudenbeete – Wildblumenwiesen – Langgraswiesen und Wildstaudenflächen sorgen. Je nach Mischung werden pro m² 80 bis 225 Blumenzwiebeln gesetzt. „Neben den allseits beliebten Narzissen, Tulpen und Krokussen, finden auch Traubenhyazinthen, Blausterne, Prärielilien und Zierlauch ihren Weg in den Boden, sodass die Farbenpracht über mehrere Monate erhalten bleibt“, erklärt Stephan Dorsman von FYP und ergänzt: „Dafür kommt eine Spezialmaschine von uns zum Einsatz, die in einem Arbeitsschritt den Boden aufbricht, die insgesamt fast 155.000 Blumenzwiebeln einlegt und die Grasnarbe auch gleich wieder schließt.“ So können effizient große Blumenfelder und –streifen geschaffen werden. Und noch eine Besonderheit hat FYP zu bieten: Die sogenannten ‚Urban Meadows‘ – der Rollrasen unter den Wildstauden. Dabei werden auf Matten aus vollständig organischem Material je nach Standortbedingungen mehrjährige Wildstaudenmischungen ausgesät. Die Matten werden vor der Auslieferung ein Jahr lang vorgezogen und intensiv gepflegt. Das Ausfallrisiko aufgrund von Trockenheit oder Unkrautdruck wird dadurch in der für Wildstauden am stärksten gefährdeten Phase verhindert. Auch die Pflege wird – ähnlich wie bei den Staudenkonzepten der Fa. FYP – auf ein Minimum reduziert.
„Wir haben die Flächen so ausgesucht, dass ein buntes Blühband entlang zweier Wegeachsen entsteht. Staudenbeete, Wildblumen- und Wildstaudenflächen, Blumenzwiebelstreifen und über 9.000 m² Langgraswiesen wechseln sich dabei ab und bilden Trittsteinbiotope, die langfristig eine Verbindung zu den Ausgleichsflächen im Weidener Feld zum einen, und in Richtung Bardenberg zur Ökokontofläche am Duffesheider Weg zum anderen herstellen sollen“, erläutert Bettina Püll das eigentliche Ziel der Maßnahme.
Bürgermeister Roger Nießen ist auf jeden Fall froh, dass seine Stadt die Förderzusage für das EU-Projekt erhalten hat: „Das bringt uns einen großen Schritt voran, städtisches Grün nicht nur optisch ansprechend, sondern vor allem nachhaltig zu gestalten!“