Wir haben ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und so hat sich unsere Familie verändert
Andrea ist Zweifachmama, eine Powerfrau, die mitten im Beruf steht, Haushalt und Familie unter einen Hut bringt. Andrea ist nicht ihr richtiger Name. Den möchten wir an dieser Stelle nicht nennen, aber wir möchten ihre Geschichte erzählen. Eine Geschichte, die die Familie verändert hat.
Als der Krieg in der Ukraine vor mehr als zwei Monaten begann, riss es viele von uns aus unserem Alltag. Ein Krieg, der räumlich so nah an Deutschland lag, in Europa. Für viele Menschen nicht vorstellbar. Die Unterstützung an Hilfsgütern und auch Helfern war groß. Als die ersten ukrainischen Flüchtlinge nach Deutschland kamen, fanden sich viele Familien, die halfen: Wohnraum zur Verfügung stellten, ganze Wohnungen oder auch einzelne Zimmer.
Tochter räumt Kinderzimmer
„Ich lerne viele ukrainische Flüchtlinge in meinem Job kennen“, sagt Andrea rückblickend. Als dann im März die ersten Flüchtlinge nach Würselen kamen, war ihr klar, dass sie etwas tun musste. Aber sowas kann man natürlich nicht allein entscheiden. Der Familienrat aus Sohn, Tochter und Ehemann tagte. Es wurde beratschlagt und alle wollten helfen. Der begrenzte Platz im Haus war zunächst das Problem. Die Familie entschied sich letztendlich das größte Zimmer, das Kinderzimmer der Tochter, bereitzustellen. Eine kleine ukrainische Familie, bestehend aus Mutter Diana und der 9-jährigen Tochter Lina, zog ein.
„Als wir uns das erste Mal sahen, war mir klar, dass das funktionieren wird“, sagt Andrea. „Die Sympathie war sofort da.“ Dann wurde erst einmal eine ganze Menge organisiert, Freunde sammelten Sachspenden. Die Ukrainerinnen hatten nach der Flucht kaum etwas bei sich. „Das erste Problem war die Sprache, wir sprechen kein Ukrainisch und Diana und Lina kaum Englisch oder Deutsch.“ Pragmatisch half sich die Familie mit der Übersetzungsapp auf dem Mobiltelefon. Allein das erste Gespräch dauerte sechs Stunden.
Diana will schnell für den eigenen Unterhalt aufkommen
„Was mich total beeindruckt ist, dass Diana sofort begonnen hat, Deutsch zu lernen und dass sie schnellstmöglich auch für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen will“, sagt Andrea. Und das alles mit Blick auf die grausamen Strapazen der Flucht, die sie uns beschrieben haben, und die Angst um die in der Ukraine gebliebenen Familienangehörigen wie Vater und Omas. „Problematisch sind momentan die Behördengänge. Die Anmeldung in Würselen war vergleichsweise einfach, aber wir haben Schwierigkeiten eine Aufenthaltserlaubnis vom Ausländeramt zu bekommen“, so Andrea. „Diana könnte schon längst arbeiten, wir haben schon über Freunde eine Stelle für sie bekommen.“
Und auch für die Tochter Lina hat sich etwas Normalität eingestellt. Die Wurmtalschule in Würselen hat die 9-Jährige als Gastschülerin aufgenommen. Sie und noch andere ukrainische Kinder lernen in einem Intensivkurs Deutsch. „Das Schöne ist, dass die Familie dieser Kinder auch in der Nachbarschaft untergekommen ist“, sagt Andrea. „So haben sie auch weiterhin Anschluss an andere Ukrainische Familien. Das ist ja auch wichtig.“
„Mein Sohn war skeptisch, als ich damals von meiner Idee berichtete“, erinnert sich Andrea. „Aber das hat sich total gewandelt.“ Die komplette Familie sieht den Einzug von Diana und Lina als Bereicherung an. „Wir essen immer zusammen“, sagt Andrea. „Je nachdem, wer gerade Zeit hat, kocht dann. Wir sind eine große Familie geworden.“ Die Aufnahme der Flüchtlinge veränderte somit auch die ganze Familie. „Wir sind noch stärker zusammengewachsen.“
„Lina vermisst ihren Vater und die Großeltern sehr“, sagt Diana „Aber wir haben hier in Deutschland eine Perspektive ohne Krieg zu leben und diese Chance sollte jedes Kind haben. Ich bin sehr dankbar, dass wir hier sein dürfen.“ Mutter und Tochter sind sehr glücklich bei Andrea und ihrer Familie untergekommen zu sein. „Ich bewundere Dianas optimistische Art“, sagt Andrea. „Der Krieg in unserem Land ist das schlimmste Ereignis in unserem Leben“, sagt Natascha. „Aber es hat uns auch Andrea und ihre Familie geschenkt, die nun zu unserer Familie gehören.“
Ganz klar, dass die Familie auch in Zukunft den Kontakt wahren möchte. So ist geplant, dass Diana und Lina ganz in der Nähe in einigen Monaten in ihre eigene Wohnung ziehen.
Wir wünschen der Familie alles Gute und danken für ihr Engagement!
***Namen von der Redaktion geändert